Projektfahrt Auschwitz

Felix BalduinExkursion

Am 01. Juli haben wir uns nachmittags an der Haltestelle Lehnstraße getroffen, um anschließend in einer Nachtfahrt, bei der wir unseren Guide Johannes Schröder aufgelesen haben, unseren Weg nach Oświęcim (Auschwitz) anzutreten. Nach unserer Ankunft in der Jugendbegegnungsstätte am nächsten Vormittag haben wir erstmal die Geschichte unserer Unterkunft, sowie den generellen Ablauf der Fahrt besprochen. Anschließend haben wir dann unsere Zimmer bezogen, um uns noch am selben Tag bei sonnigen 30°C auf den Weg ins Stammlager Auschwitz I zu machen. Dort angekommen haben wir uns in 2 kleinere Gruppen aufgeteilt, die einmal von Herr Dieterich und einmal von Frau Hammes begleitet wurden. In diesen Gruppen nahmen wird anschließend an einer interessanten Führung teil, bei welcher wir durch einen deutsch sprechenden Guide begleitet wurden.
Der Guide führte uns durch einige Baracken, welche so detailgetreu wie damals vor rund 70 Jahren erhalten wurden, und erzählte uns alles Wissenswerte über das Leben im Stammlager. Den Großteil der Exponate durfte man fotografieren, wie etwa Dokumente oder Modelle. Jedoch war es aus Respekt vor den Ermordeten verboten, einige; meist persönliche, Gegenstände der Ausstellung abzulichten. Die Führung endete mit der Besichtigung der letzten in Auschwitz intakten Gaskammer mit den Verbrennungsöfen, dem Krematorium I.
Am Abend haben wir dann in Kleingruppen unsere Erlebnisse und Eindrücke aufgearbeitet und uns ausgetauscht, wobei jedem etwas anderes der Ausstellung nahe ging und einen bleibenden Eindruck hinterließ.
Natürlich durfte an diesem Abend auch nicht der Fußball zu kurz kommen. Die Jugendbegegnungsstätte übertrug das Spiel per Lifestream auf eine Leinwand, wo wir dann das Spiel mit seinem spannenden Ende verfolgt haben.

Am zweiten Tag besuchten wir das Lager Auschwitz II, welches besser unter dem Namen Auschwitz- Birkenau bekannt ist und bei welchem es sich um das Vernichtungslager handelt. An diesem Tag war es windig und regnerisch, was die Stimmung beeinflusste, weil das Lager düsterer wirkte und man alles trister wahrgenommen hat. Der Guide, welcher uns auch schon im Stammlager begleitet hatte, übernahm auch an diesem Tag die Führung, welche wieder sehr interessant und aufschlussreich war. Uns wurden zunächst der Aussichtsturm der SS und die Baracken des Bereiches B II gezeigt. Bei den Baracken handelte es sich um umfunktionierte Pferdestelle, durch die der Wind pfiff und in denen Hunderte Inhaftierte in dreistöckigen Betten schlafen mussten. Die eingebauten Kamine wurden im Winter jedoch nur selten genutzt. Im Sommer war es in den Baracken stickig und heiß, doch im Winter war es bitterkalt. Anschließend gingen wir zur Rampe, wo noch die Hütte für die Aufnahme der Häftlinge durch die SS und ein alter Eisenbahnwagon zur Beförderung der Inhaftierten steht. Danach betrachteten wir die Ruinen der Krematorien II und III, das Mahnmal und gedachten der Opfer, indem wir weiße Rosen niederlegten. Es folgte die Besichtigung der sogenannten Sauna, wo alle neuen Häftlinge sich ausziehen mussten, rasiert und geduscht wurden und danach ihre Sträflingskleidung und ihre Nummer erhielten. Von dort aus ging es zu der Ruine von Krematorium V. Dieses Krematorium war im Gegensatz zu den anderen beiden Krematorien bis zuletzt kurz vor der Evakuierung des Lagers aufgrund von vorrückenden Russen in Betrieb. Im Umliegenden Wald von Krematorium V wurden unzählige Leichen auf Scheiterhaufen verbrannt, wenn die Kapazität der Krematorien überschritten wurde. Abschließend besuchten wir das Frauenlager in Birkenau. Dort waren die Baracken aus Stein errichtet. Auch in diesen Baracken befanden sich dreistöckige Betten, die keinerlei Komfort zu bieten hatten.
Zurück in der Begegnungsstätte besprachen wir nach einer Pause erneut unsere neu gewonnenen Eindrücken und verglichen sie mit denen vom Vortag.
Danach erwartete uns ein Zeitzeuge, um uns seine Geschichte der Verhaftung und der Inhaftierung in Birkenau zu erzählen. Er beschrieb die Zeit des deutschen Überfalls auf Polen, seine Aktivität im polnischen Widerstands ehe er verhaftet und deportiert wurde und schließlich auch seine Erlebnisse und Aufgaben im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. All diese Informationen formulierte er recht sachlich, wodurch es schwierig war sich sein Erlebtes bildlich vorzustellen. Im Anschluss konnten wir dann noch unseren offenen gebliebenen Fragen stellen.
Am Ende des Tages schauten wir noch eine Dokumentation zu den Sonderkommandos in Birkenau, die die Leichen aus den Gaskammern holen, nach Wertsachen wie Goldzähne absuchen und sie schließlich in den Krematorien verbrennen mussten. Am dritten Tag konnten wir uns am Morgen aussuchen, ob wir eine Ausstellung über „Kunst im KZ- Auschwitz“ besuchen wollten oder die Ausstellung „Bilder im Kopf“ von Marian Kolodziej. Die Ausstellung über Kunst im KZ war in vier Gruppen gegliedert. Wir haben uns legal gezeichnete Kunstwerke, teils legale Bilder und Gegenstände, illegale Werke und hergestellte Alltagsgegenstände, sowie nach dem Aufenthalt Entstandenes angeschaut. Bei den legalen Bildern handelte es sich um Modelle des geplanten Ausbaus des Stammlagers, Darstellungen der Bauarbeiten oder auch Portraits von Sinti und Roma, welche von den Lagerärzten angefordert wurden. Die halblegalen Bilder wurden meist von SS Männern aus unteren Positionen angefordert, hatten aber nichts mit dem Leben im Lager zu tun. Oftmals durften die Häftlinge bei diesen Bildern malen was sie wollten. Die illegalen Bilder waren meist Portraits von Häftlingen und dienten ihnen als Identifizierung. Sie wollten nicht bloß eine Nummer sein und beschlossen daher die Gefahr auf sich zu nehmen, um jemand zu sein. In diese Kategorie fallen aber auch Gegenstände wie ein Rosenkranz aus Brotkrümeln oder auch Schuhe aus Strohsäcken. Auch konnten wir die letzte intakte Tür eines Krematoriums betrachten. Die Ausstellung von Marian Kolodziej bestand aus Bildern, die er nach seinem Schlaganfall angefangen hat zu malen. Zuvor wollte er nie über das Erlebte berichten. Seine Bilder sind geprägt von Grauen, Bedrohung, leeren Gesichtern und der Darstellung der SS Männer als Monster. Die Ausstellung hat er so aufgebaut, dass man von den Bildern umgeben war, also, dass auch Bilder an der Decke hingen oder auf dem Boden lagen, und man das Gefühl hatte, das man sich in der „Hölle auf Erden“ befand, genau wie der Künstler. Marian selbst hat seine Kunst nicht als solche gesehen, sondern lediglich seine Gefühle und Erinnerungen ausgedrückt und verarbeitet. Er war wie besessen davon, das auf Papier zu bringen, was ihn so viele Jahre gequält hat. Anfangs musste seine Frau noch seine Hand zusammenbinden, damit er den Bleistift halten konnte. Die Ausstellung zeigte das Leben als Inhaftierter von einer anderen Seite, als die, die wir zum Beispiel durch den Zeitzeugen erfahren haben.
Anschließend hatten wir die Aufgabe unsere Gedanken zu dem bisher erfahrenen festzuhalten. Viele von uns taten dies in Form eines Berichts, eines Tagebucheintrags oder auch eines Briefes, doch es wurden auch Zeichnungen angefertigt und Gedichte geschrieben. Die verschiedenen Texte befassten sich mit den unterschiedlichsten Themen, wie zum Beispiel dem Leben der SS Männer, dem Leiden des Sonderkommandos, den Erfahrungen im Lager oder auch dem Lageralltag im allgemeinen. Nach etwa 40 Minuten haben wir dann unsere Ergebnisse besprochen und auch einige vorgetragen.
Gegen 15:00 Uhr sind wir dann weiter nach Krakau gefahren, wo wir in dem Hostel Brama in der Altstadt untergekommen sind. Unser Guide Johannes hat uns, nach dem Beziehen der Zimmer, durch die Altstadt geführt, um uns einige Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Auf dem Marktplatz gab es zum Beispiel eine Kirche, wo zu jeder ganzen Stunde jemand mit einer Trompete eine bestimmte Melodie in alle vier Himmelsrichtungen spielt. Danach haben wir noch ein Universitätsgebäude, mehrere Kirchen und auch eine Burg besichtigt. Die Führung ging zum Großteil durch das jüdische Viertel, wo wir dann auch abends in einem jüdischen Restaurant einkehrten, in welchem wir ein, für einige gewöhnungsbedürftiges, Abendessen einnahmen und jüdische Musik live genießen konnten.
Früh am nächsten Morgen ging es mit einer Führung durch das damalige jüdische Ghetto, welches von 1941 bis 1943 bestand, weiter. Um nach dort zu kommen, hatte unser Guide vier Golfautos, welche für Stadt touren genutzt wurden, gemietet, mit welchen wir dann zu unserem Ziel gebracht wurden. Dort angekommen standen wir erst einmal auf einem großen Platz, auf welchem erstaunlich viele zu übergroße Stühle befanden. Die genaue Bedeutung der Stühle ist unklar und es gibt mehrere Interpretationen. Uns wurde erklärt, dass die Juden, als sie in das Ghetto gebracht wurden, auch ihre Möbel mitbrachten und die Stühle nun deswegen Symbolisch zu sehen sind. Also, dass nach dem Abtransport der Juden nur ihre leeren Stühle zurückblieben. Von dem Platz aus sind wir zu Oskar Schindlers Fabrik gegangen, welche wir wegen Bauarbeiten leider nicht besichtigen konnten. Anschließend sind wir zum letzten noch stehenden Teil der Mauer, die damals das Ghetto umgab, gegangen. Die Mauer musste von den Juden errichtet werden, wobei die SS Männer ironischer weise verlangten, dass das obere Ende der Mauer wie jüdische Grabsteine aussehen sollten. Als nächstes sind wir dann zurück zum Platz gegangen und haben dort ein wenig warten müssen, bevor wir dann eine Apotheke besichtigt haben, die früher von dem einzigen polnischen Mann, Pamieci Narodowei, im Ghetto betrieben wurde. Er versorgte die Juden mit Medizin und half ihnen, wo er nur konnte. Während der Besichtigung sahen wir verschiedene Rezeptbücher, mit deren Hilfe die Medizin hergestellt werden konnte. Wir sahen auch einen Kurzfilm, in welchem Pamieci Narodowei davon berichtete wie die Juden aus dem Ghetto abgeholt und weggeschafft wurden. Abschließend sind wir dann zusammen zurück in die Innenstadt gefahren und hatten dann noch etwas über 4 Stunden Freizeit. Am Abend sind wir zu einem Restaurant gegangen, in welchem wir dann Pizza gegessen haben. Gegen halb zehn haben wir dann unsere Rückfahrt, wieder über Nacht, angetreten. Natürlich haben wir auch jetzt wieder eine kurzen Stopp gemach, um Johannes Schröder wieder abzusetzen. Am Mittwoch sind wir dann gegen 12:00 Uhr in der Lehnstraße angekommen und konnten uns erstmal in Ruhe zu Hause ausschlafen.

Anna Drews, Jean-Luc Stienen
Titelbild by Erik Dahmen